Kommunen setzen immer stärker auf Apps, um Bürger:innen und Besucher:innen besser zu erreichen. Ob Bürgerdienste, Veranstaltungshinweise oder digitale Stadterlebnisse – die Möglichkeiten sind vielfältig. Doch wie bringt man als Stadt…
von Tim Allgaier
20. März 2025
Kommunen setzen immer stärker auf Apps, um Bürger:innen und Besucher:innen besser zu erreichen. Ob Bürgerdienste, Veranstaltungshinweise oder digitale Stadterlebnisse – die Möglichkeiten sind vielfältig. Doch wie bringt man als Stadt eine App schnell und effizient an den Start, ohne in endlose Planungsprozesse zu geraten?
Einige Städte haben bereits gute Lösungen gefunden. Was funktioniert – und welche Stolperfallen man besser vermeidet – klären wir in diesem Leitfaden.
In Kurz: Was bringt eine Stadt-App, und wie setzt man sie gut um?
Eine Stadt-App kann eine wertvolle Ergänzung zu bestehenden Informations- und Serviceangeboten sein. Besonders dann, wenn sie einen klaren Mehrwert bietet, der durch eine Website oder andere Plattformen nicht abgedeckt werden kann. Beispiele sind digitale Meldesysteme, interaktive Stadtpläne oder Augmented-Reality-Features, die Stadterlebnisse erweitern. Gut umgesetzt wird eine App, wenn sie modular aufgebaut ist und eng an den Bedürfnissen der Bürger:innen orientiert wird. Von der Idee bis zur Veröffentlichung sollten mindestens 6 Monate eingeplant werden – je nach Komplexität. Ein Budget von 50.000 bis 100.000 € sollte realistisch kalkuliert werden, um Entwicklung, Betrieb und langfristige Pflege abzudecken.
Warum braucht eine Stadt überhaupt eine App?
Apps eröffnen Kommunen neue Wege, mit ihren Bürger:innen und Besucher:innen zu interagieren. Dabei steht die Exklusivität im Vordergrund: Eine App bietet Funktionen, die nicht über eine Website abbildbar sind. Beispiele sind Push-Benachrichtigungen zu lokalen Ereignissen oder die Nutzung der Smartphone-Kamera für Augmented-Reality-Erlebnisse.
Der Nutzen einer App hängt aber stark von ihrem Fokus ab. Städte sollten sich fragen: Welchen Service oder welches Erlebnis bietet nur die App? Ist dies nicht klar erkennbar, könnten eine Website oder ein Chatbot die bessere und günstigere Wahl sein.
Erfolgsfaktoren für die schnelle(re) Entwicklung von Stadt-Apps
Die Erfahrung aus dem Projekt „5 für Südwestfalen“ zeigen: Der Erfolg von Stadt-Apps beginnt bei einer durchdachten Strategie und klaren Zielsetzung. Folgende Faktoren sind dabei entscheidend:
1. Bei der Entwicklung immer die Anwender:innen im Blick behalten
Eine App muss sich an den tatsächlichen Bedürfnissen der Zielgruppen orientieren. Da die Entwicklung recht kostspielig ist, sind „Kopfgeburten“ nicht nur ein Verlust an Arbeitszeit und Aufwand – sondern auch an Steuergeldern.
Workshops und Umfragen in der Planungsphase helfen, diese Bedürfnisse zu identifizieren.
Wichtige Ansprechpartner sind dabei:
Tourismusbüros und Stadtmarketing
Familienzentren und Bildungseinrichtungen
Lokale Wirtschaft und Kultureinrichtungen
Bürger:innen verschiedener Altersgruppen
Sinnvoll kann es auch sein, sich einmal bei anderen Stadt-Apps umzuschauen, die Kolleg:innen zu kontaktieren und Best Practices und reale Erfahrungen vorweg einzubeziehen. So ergibt sich schnell ein realistisches Bild, welche Funktion echt einen Unterschied machen können – und was vielleicht zu viel verlangt ist.
2. Bei der Wahl der Partner:innen genau hinschauen
Eine reibungslose Umsetzung wird später genauso wichtig, wie die technische und grafische Qualität der App. Hier gilt es, einen geeigneten Partner zu finden – in den südwestfälischen Projekten haben sich Agenturen hervorgetan, welche mit ca. 5-10 Personen arbeiten. Es ist sinnvoll, wenn diese bereits Erfahrungen mit dem öffentlichen Sektor als Auftraggeber gemacht haben.
Idealerweise wäre der Dienstleister auch selbst Profiteur der App und kann so eine gute eigene Perspektive beitragen.
Einen guten Einblick in die Qualität der Arbeit geben Referenzprojekte der Agentur. Wenn man diese „auf Herz und Nieren“ im Vorfeld prüft, erhält man einen realistischen Vorgeschmack auf die Qualität des Ergebnisses, das einen in der eigenen Zusammenarbeit erwarten kann.
3. Modular Aufbauen, agil entwickeln
Ist ein:e Dienstleister:in gefunden, gilt es, die Umsetzung smart anzugehen. Statt alle Funktionen auf einmal umzusetzen, empfiehlt sich ein schrittweises Vorgehen. Dafür beginnt man am besten mit der Umsetzung einer oder einiger weniger Kernfunktionen – etwa einem digitalen Meldesystem oder einer Event-Datenbank. Ist dies verwirklicht, erweitert man das Angebot basierend auf Nutzerfeedback.
Dieser agile Ansatz bietet mehrere Vorteile:
Schnellere Markteinführung der Grundversion
Geringeres Risiko von Fehlinvestitionen
Bessere Anpassung an reale Nutzer:innen Bedürfnisse
Kontinuierliche Optimierung durch Feedback
4. Auf Kompetenzen setzen – oder hinzukaufen
Eine Stadt App setzt man im Regelfall zum ersten Mal um. Und kommt man nicht aus dem Umfeld der App-Entwicklung, so ist dies Neuland. Es fällt also häufig schwer, die richtigen Prozesse, Techniken oder Funktionen sowie Leistungsumfänge zu identifizieren.
Hier raten Beteiligte aus den „5 für Südwestfalen“, diese Kompetenzen hinzuzufügen – entweder, indem man Personen aus der Verwaltung identifiziert, die hier schon einmal Erfahrungen sammeln konnten. Oder aber, indem man einfach eine externe, unabhängige Beratung hinzuzieht. Mit diesem Fachwissen und kritischen Blick können Schwachstellen behoben werden, die man so im Vorfeld alleine gar nicht ausmachen konnte – und teure Fehler ebenfalls vermieden werden.
Ein paar erste, typische Stolperfallen konnten wir aber auch schon identifizieren.
Typische Stolperfallen und ihre Vermeidung
Die Entwicklung einer Stadt-App birgt einige charakteristische Herausforderungen. Hier sind die häufigsten Fallstricke – und wie man sie umgeht:
1. Verwaltungen und Agenturen „denken“ grundsätzlich anders
Ein grundlegend anderes Vorgehen kann man meist bereits beim ersten Treffen feststellen:
Entwicklungsteams denken zumeist funktional. D.h. Jede Person verantwortet eine andere Funktion (wie Design, Code, etc.)
Verwaltungen hingegen sind häufig nach Proporz der betroffenen Abteilungen/Stellen organisiert.
So wäre es bspw. möglich, dass zum Design einer Bildungsapp sich die Vertreter:innen der Schulen genauso einmischen, wie die der Kindergärten oder der Erwachsenenbildung. Und mehrere Köche führen ja nicht in allen Fällen zu einer besseren Qualität des Breis…
Hier hat es sich als sinnvoll erwiesen, feste aber kleine Schnittstellen zwischen beiden „Welten“ zu haben – also bspw. Eine:n kommunalen Projektverantwortliche:n, welcher die Kommunikation auf der Verwaltungsseite begleitet, bündelt, und dann an die Entwickler:innen weitergibt.
2. Komplexe Entscheidungsprozesse
Ein großer Zeitfresser sind oft die Abstimmungsprozesse zwischen verschiedenen Abteilungen. Dies kann zu langwierigen Entscheidungsfindungen führen.
In der Planungsphase drohen Konflikte zwischen Abteilungen. Eine klare Rollenverteilung und die Definition eines verantwortlichen Projektteams können helfen, Entscheidungen schneller zu treffen.
Lösungsansätze:
Klare Projektstruktur mit definierten Entscheidungswegen
Regelmäßige Jour fixes statt ausufernder Ad-hoc-Meetings
Frühzeitige Einbindung aller relevanten Stakeholder
Dokumentierte Entscheidungsprozesse zur Nachvollziehbarkeit </aside>
3. Technische und organisatorische Hürden
Die technische Umsetzung erfordert spezifische Kompetenzen, die in Verwaltungen oft nicht vorhanden sind. Auch die Integration in bestehende IT-Systeme kann herausfordernd sein.
Bewährt hat sich die Zusammenarbeit mit spezialisierten Agenturen, die bereits Erfahrung im öffentlichen Sektor haben. Ideal sind dabei kleinere Teams von 5-10 Personen, die agil arbeiten und schnell auf Änderungswünsche reagieren können.
Realistische Budget- und Ressourcenplanung
Eine nachhaltige App-Entwicklung erfordert eine realistische Einschätzung der notwendigen Ressourcen.
Entwicklungskosten können leicht die 100.000-€-Marke überschreiten, wenn Anforderungen nicht genau definiert werden. Empfehlenswert ist, in der Konzeptionsphase eine einfache Budgetübersicht zu erstellen und potenzielle Dienstleister mit klaren Vorgaben zu briefen.
Eine nicht unrealistische Kostenübersicht
Konzeption und Design: 10.000 – 20.000 €
Entwicklung (Basisfunktionen): 30.000 – 50.000 €
Laufende Betriebskosten: ca. 1.000 € monatlich
Personalaufwand für Pflege: ca. 0,5 Tage pro Woche
Nach dem Launch geht die Arbeit weiter…
Der Launch einer App ist erst der Anfang. Für den nachhaltigen Erfolg sind regelmäßige Updates und Weiterentwicklungen unerlässlich. Wichtige Aspekte dabei:
Wöchentliche Wartungsroutinen etablieren
Regelmäßiges Monitoring der Nutzungsdaten
Kontinuierlicher Austausch mit Nutzer:innen
Anpassung an technische Entwicklungen
Es lohnt sich, langfristig zu denken. Auch nach der Veröffentlichung muss die App gepflegt und aktualisiert werden. Feedback aus der Bevölkerung hilft, Funktionen zu priorisieren und Verbesserungen umzusetzen.
Best Practices aus anderen Städten
Städte, die bereits erfolgreich Apps entwickelt haben, setzen auf diese Erfolgsfaktoren:
• Bürgerbeteiligung: Schon während der Konzeptphase Feedback einholen, z. B. durch Umfragen.
• Lokale Partner einbinden: Von Tourismusbüros bis zur lokalen Wirtschaft können Kooperationen helfen, Inhalte und Funktionen zu bereichern.
• Fortlaufende Updates: Nutzer:innen erwarten regelmäßige Verbesserungen und neue Funktionen – diese sollten frühzeitig eingeplant werden.
• Public-Private-Partnerships: Agenturen mit Erfahrung im öffentlichen Sektor können eine wertvolle Unterstützung sein.
Wichtig: Der schmale Grat zwischen Innovation und Prestigeprojekt
Eine Stadt-App kann schnell zwischen 50.000 und 100.000 Euro kosten. Bei solchen Investitionen muss der Nutzen klar erkennbar sein. Die zentrale Frage lautet daher: Welchen Service oder welches Erlebnis bietet ausschließlich die App? Lässt sich die gewünschte Funktionalität nicht auch über eine Website oder einen Chatbot abbilden? Eine ehrliche Antwort darauf kann vor kostspieligen Fehlentscheidungen schützen.
Besonders sinnvoll sind Apps dort, wo die spezifischen Fähigkeiten moderner Smartphones genutzt werden – etwa für Augmented-Reality-Erlebnisse oder standortbezogene Dienste. Ein weiterer wichtiger Aspekt: Apps können durch Push-Benachrichtigungen direkter mit den Nutzer:innen kommunizieren als klassische Websites.
Umso mehr der „Smartphone-typischen“ Funktionen eine App verknüpft, umso geringer die Gefahr, ein Prestige-Projekt umzusetzen, welches auch deutlich günstiger durch eine Landingpage hätte abgedeckt werden können…
Fazit: Der Weg zur erfolgreichen Stadt-App
Eine Stadt-App kann ein wertvolles Instrument sein, um Bürger:innen und Besucher:innen besser zu erreichen und das Stadterleben zu bereichern. Der Erfolg hängt dabei weniger von technischen Spielereien ab, sondern von der konsequenten Ausrichtung an den Bedürfnissen der Nutzer:innen.
Entscheidend ist ein realistischer Blick auf die verfügbaren Ressourcen und der Mut, klein anzufangen und schrittweise zu wachsen. Mit einem klaren Fokus auf echten Mehrwert, agiler Entwicklung und nachhaltiger Pflege kann eine Stadt-App zu einem wertvollen Baustein der digitalen Transformation werden – und das ohne zum kostspieligen Prestigeprojekt zu verkommen.