Ein eigenes Stadtlabor gründen? So gelingt es (besser)
Ein Stadtlabor gründen, aber richtig: Von der Bedarfsanalyse bis zur nachhaltigen Etablierung. Dieser Guide zeigt, wie man mit richtiger Planung, Budgetierung und starken Partnerschaften einen innovativen Ort der Bürgerbeteiligung schafft.…

von Tim Allgaier

22. Januar 2025

Ein Stadtlabor gründen, aber richtig: Von der Bedarfsanalyse bis zur nachhaltigen Etablierung. Dieser Guide zeigt, wie man mit richtiger Planung, Budgetierung und starken Partnerschaften einen innovativen Ort der Bürgerbeteiligung schafft.

Stadtlabore sind eine spannende Möglichkeit, die Zukunft (smarter) Städte zu gestalten und Bürger:innen, Vereinen und Interessierten bereits jetzt Berührungspunkte mit Zukunftstechnologien zu bieten.

(Ein kleiner Refresh zum Thema Stadtlabore findest du übrigens hier )

Schon überzeugt und mit dem Wunsch versehen, selbst vielleicht als Kommune ein Stadtlabor zu gründen? Wir helfen dir weiter!

Denn aus dem Projekt “5 für Südwestfalen” sind mehrere Stadtlabore hervorgegangen:

  • Soest
  • Arnsberg
  • Menden

Wir haben mit allen Stadtlaboren gesprochen und die wichtigsten Learnings zusammengetragen, gebündelt und nutzbar gemacht. Damit du schneller zu besseren Fortschritten kommst.

Kurzer Recap: Was ist noch einmal ein Stadtlabor?

Ein Stadtlabor ist ein Ort, an dem Bürger:innen, Stadtverwaltung und Expert:innen zusammenkommen, um Ideen für eine bessere Stadt zu entwickeln und zu testen. Es geht darum, neue Technologien auszuprobieren, die den Alltag in der Stadt verbessern können, und alle aktiv einzubeziehen. So wird das Stadtlabor zu einem Treffpunkt für den Austausch und die gemeinsame Gestaltung der Zukunft der Stadt.

Mehr dazu findest du in unserem Beitrag “Stadtlabore – was es ist, und was es kann” [Link einfügen]

Blick durch das Fenster des Stadtlabors in Menden

Der erste sinnvolle Schritt bei der Gründung eines Stadtlabors ist die klare Definition der Zielgruppen und ihrer Bedürfnisse. Ein Stadtlabor richtet sich an verschiedene Bevölkerungsgruppen, deren Erwartungen und Interessen berücksichtigt werden müssen.

Identifiziere zuerst dein Hauptpublikum. Typische Zielgruppen, die schnell und gut erreicht werden können, sind:

  • Senior:innen
  • Schüler:innen sowie Lehrkräfte
  • Lokale Unternehmen
  • Vereine und Initiativen

Jede dieser Gruppen hat spezifische Interessen und Bedürfnisse, die es zu berücksichtigen gilt.

Denk aber auch an die Stakeholder vor Ort! Das sind die Menschen, die irgendwie von dem Projekt betroffen sind, aber nicht selbst Zielgruppe. Diese können dir das Leben deutlich erleichtern – oder aber erschweren.

Klassischerweise sind das:

  • Kommunale Player wie das Stadtmarketing, die Stadtbücherei, die Verwaltung etc.
  • Bildungseinrichtungen wie die VHS
  • Verbraucherinitiativen, die Rotarier/Lions Club, Unternehmer-Verbände
  • große lokale Vereine

→ Insider-Tipp aus den Projekten:
Beginne recht früh damit, dein Stadtlabor als Ergänzung zu dem zu konzipieren, was es schon gibt! Konkurrenz braucht niemand – und Dopplungen kosten unnötige Ressourcen, die alle in Synergien viel weiter bringen.

Wenn du die Idee eines eigenen Stadtlabors auslotest, ist deine wichtigste erste Aufgabe, nachdem du die Zielgruppen und Stakeholder ermittelt hast, mit diesen ins Gespräch zu kommen.

Führe Umfragen oder Gesprächsrunden durch, um relevante Themen und Technologien für deine Zielgruppen zu ermitteln. Eine gründliche Analyse im Vorfeld hilft dir, später zielgerichtete Angebote zu entwickeln und unnötige Investitionen zu vermeiden.

Nun hast du erste, in der Realität verwurzelte Ideen, die du in ein grobes, erstes Konzept gießen kannst.

Am besten holst du dir auch später noch regelmäßig Feedback von deinen Zielgruppen ein. So stellst du sicher, dass deine Angebote relevant bleiben. Passe deine Programme flexibel an die sich ändernden Bedürfnisse an.

Insider-Tipp aus den Projekten:
Das sind Themen, die häufig gut funktionieren:

Setze am besten auf relevante und zugängliche Themen – man könnte es auch “Lifestyle”-Themen nennen. Beispiele sind:

  • Einfache Technikkurse für Senior:innen
  • Interaktive Workshops für Schüler:innen
  • Moderne Technik zum Anfassen auf dem Markt, Festen etc. (gut gehen hier Drohnen und VR-Brillen)

Dieser Ansatz senkt Hürden und fördert gleich von Anfang an das Interesse der Bürger:innen.

Du wirst feststellen: Schnell wollen die Beteiligten konkrete Zahlen zu deinen Ideen sehen. Das ist auch gut so, denn so nimmt das Projekt weiter Form an.

Ein solides Finanz- und Raumkonzept ist auch entscheidend für den späteren Erfolg des Stadtlabors.

Konkretisiere also deine Ideen hinsichtlich:

  • Budget und Personalkosten
  • Raum(größe und -Gestaltung)
  • Startgröße
  • Fördermöglichkeiten und Mittelgeber
  • Bedenke auch immer die Langfristigkeit/Nachhaltigkeit eines solchen analogen Raums!

Hier haben wir für dich realistische Zahlen zusammengestellt, mit denen du ernsthaft kalkulieren solltest, wenn du ein Stadtlabor wie die aus den 5 für Südwestfalen aufbauen willst:

Für die Gründung eines Stadtlabors kannst du gut und gerne mit folgenden Kosten rechnen:

  • Etwa 80.000 € für Anschaffungen, Renovierungen, Möbel und Grundausstattung
  • 1.400 € monatlich für Betriebskosten
  • Personelle Ressourcen für die adäquate Betreuung des Raums (Empfehlung aus den Projekten: Eine Personalstelle)

Diese Zahlen können natürlich je nach Standort und Umfang des Projekts variieren. Plane aber lieber mit diesen Werten als Puffer, als zu früh einen spitzen Bleistift anzusetzen, der dafür sorgt, dass das reale Stadtlabor hinten raus den Rahmen sprengt.

Der Raum ist entscheidend für das spätere Stadtlabor. Im Idealfall findest du einen Raum von mindestens 80 m², der vielseitig nutzbar ist. Er sollte sich eignen für:

  • Workshops und Seminare
  • Veranstaltungen mit bis zu 50-60 Teilnehmer:innen
  • Gruppenarbeit und individuelle Projekte (also a. 20 “Workstations” Raum geben)

Eine flexible Raumgestaltung erhöht die Attraktivität deines Stadtlabors und ermöglicht vielfältige Nutzungsmöglichkeiten.

Ein solcher Raum kostet natürlich Miete – die regional stark schwanken kann. Und umso besser der Raum liegt, umso mehr Zuspruch findet er auch bei “Laufkundschaft”. Aber mit der besseren Lage sind natürlich auch höhere Kosten verbunden.

Es hat seine Vorteile, einen externen Raum zu haben, der als “neutraler Boden” gesehen wird. Andererseits kann es natürlich für das Budget auch sehr hilfreich sein, leerstehende kommunale Räumlichkeiten zu nutzen. (Mehr dazu später)

Der Haushalt vieler Kommunen gibt aktuell nahezu keinen Spielraum her, ein “großes” Stadtlabor ins Leben zu rufen. Du erhöhst die Erfolgschancen deines Projekts, wenn du Querfinanzierungen ermittelst. Das können sein

  • Städtische, regionale oder überregionale Förderprogramme
  • Kooperationen mit lokalen Unternehmen, die deine Kosten für Referent:innen gering halten
  • Landes- oder Bundesförderprogramme

→ Insider-Tipp aus den Projekten:
Sollte dein Budget sehr begrenzt sein, beginne, in einer kleineren Form zu denken. Eine abgespeckte Variante, z.B. angedockt an eine Stadtbücherei oder VHS, kann auch ein guter Start ein. Fange da eventuell mit niedrigen Umfang mit den ersten Formaten an und erweitere diese dann schrittweise.

Denk dabei pragmatisch: Es ist oft sinnvoller, mit kleineren Dimensionen zu starten (zum Beispiel mit einer Bibliothek der digitalen Dinge) und das Stadtlabor bei Erfolg zu erweitern, als von Anfang an ein großes Budget zu benötigen.

Wenn du es geschafft hast, Interessensvertreter:innen und die notwendigen Budgets hinter deiner Idee zu versammeln, dann beginnt die eigentliche Arbeit. Das fertige Stadtlabor mit hoher Nachfrage fällt nicht direkt vom Himmel. Viel mehr wirst du feststellen, du musst es in allen möglichen Kreisen etablieren.

Und das geht vor allem über Kommunikation, Kommunikation, Kommunikation.

Hier sind Erfahrungen, die dir das Leben ein wenig leichter machen:

Gerade, wenn sich das Stadtlabor noch keinen Ruf aufgebaut hat, ist es wichtig, sich “einen Namen zu machen”. Das erreichst du einerseits durch Öffentlichkeitsarbeit – als auch durch Präsenz in Persona bei Geschäften, Arbeitskreisen etc. .

Ein benutzerfreundlicher Internetauftritt und wiedererkennbare Corporate Designs helfen, das Stadtlabor als Marke zu etablieren.

→ Insider-Tipp aus den Projekten:
Rechne damit, dass die Kommunikation auch langfristig essenziell ist – also mindestens ein Drittel der Arbeitszeit ausmachen wird. Versuche vielleicht, innerhalb bestehender Kommunikationsteams Unterstützung zu ergattern. Im Idealfall ist deine gezielte Kommunikation auch abgestimmt auf die Bedürfnisse der Zielgruppen, um einen hohen Wirkungsgrad zu entwickeln.

Auftritte bei Stadtfesten und Events

Zeige auch Präsenz bei öffentlichen Veranstaltungen, um das Stadtlabor im Bewusstsein der Bürger:innen zu verankern. Achte darauf, den Fokus auf den Dialog zu legen, statt bloß Unterhaltung und Technik zum Anfassen zu bieten – das ist schließlich die Daseinsberechtigung für dein Stadtlabor. Denn: Technik-Ausstellungen findet deine Zielgruppe auch beim Elektronik-Fachgeschäft 😉 .

Digitale Kanäle und Medien

Nutze die verschiedenen Kommunikationskanäle:

  • Social Media
  • Lokale Zeitungen
  • Digitale Stadtplattformen

Wichtig: Ein klarer Fokus auf Nutzen und Dialog statt Entertainment zeigt auch hier den Mehrwert des Stadtlabors und fördert das Vertrauen in die Angebote.

→ Insider-Tipp aus den Projekten:
Erlaubt dein Zeit-Budget keine große Öffentlichkeits-Arbeit? Dann versuche bei Social Media eher “huckepack” bei anderen großen lokalen Accounts zu kommen, statt mühsam deine Follower:innen-Anzahl über Monate aufzubauen…

Der Erfolg eines Stadtlabors hängt wesentlich von Kooperationen mit lokalen Akteuren ab. Langfristige Netzwerke stärken die Reichweite – und sichern die Akzeptanz vor Ort. In Schritt 1 hast du ja bereits die lokalen Stakeholder ermittelt und ggf. schon mit diesen gesprochen. Triff dich nun mit diesen und überlegt euch gemeinsam, was man potentiell auf die Beine stellen könnt.

Profitiere auch von Ansätzen in der Region: Bei uns in Südwestfalen besteht ein regelmäßiger Austausch zwischen den Stadtlaboren und auch Formate werden dann gemeinsam organisiert und dezentral umgesetzt.

Das hier sind übrigens einige vielversprechende Ansätze aus den Stadtlaboren auf Projektgebiet:

Frühe Einbindung städtischer Akteure

Integrieren das Stadtmarketing und die Verwaltung frühzeitig in die Planung – zum Beispiel durch gemeinsame Workshops.

Kooperation mit Schulen und Unternehmen

Schulen bieten Zugang zu jüngeren Zielgruppen und bringen auch Lehrer:innen in Kontakt mit neuen Technologien. Unternehmen können das Stadtlabor durch Know-how und Sponsoring unterstützen.

Public-Private-Partnerships (PPP)

Nutze Kooperationen mit der Wirtschaft, um zusätzliche Ressourcen und Expertisen einzubinden. Diese Partnerschaften helfen, technische Ressourcen zu ergänzen und gemeinsame Initiativen zu entwickeln.

Oftmals möchten Unternehmen auch mehr “Sichtbarkeit” – um zum Beispiel für junge Menschen als Ausbildungsplatz relevant zu werden. Ihr habt also vielleicht einige Win-Win-Situationen: Du brauchst Referent:innenen für Themen, die du nicht selbst abdecken kannst – und das Unternehmen eine Bühne.

Das richtige Angebot an Veranstaltungen ist entscheidend, um Bürger:innen für das Stadtlabor zu begeistern und nachhaltig zu binden. Setze dabei auf interaktive und zielgruppenorientierte Formate.

Das hier läuft zum Beispiel bei den 5 für Südwestfalen gut:

Offene Sprechstunden

Niedrigschwellige Angebote wie wöchentliche/monatliche Sprechstunden mit lokalen Expert:innen sind beliebt. Sie bieten Bürger:innen die Möglichkeit, Fragen zu stellen und unkompliziert Rat einzuholen. Das können zum Beispiel “Internetsprechstunden” für Senior:innen sein oder Workshops mit der Verbraucherzentrale.

After-Work-Austausch für Berufstätige

Ein kurzer Experteninput am frühen Abend, gefolgt von Diskussionen, schafft einen entspannten Rahmen. Dieses Format ist besonders für Berufstätige attraktiv.

Hands-on-Technologie

Biete auch interaktive Formate an, bei denen Besucher:innen neue Technologien selbst ausprobieren können:

  • VR-Brillen-Workshops
  • 3D-Druck-Kurse
  • Drohnen-Flugschule

Diese Formate schaffen Begeisterung für Smart-City-Technologien und machen sie greifbar.

Ein wichtiger Tipp: Hands-on-Formate und interaktive Exponate sind oft besonders erfolgreich. Sie machen Technologien erlebbar und fördern den Dialog – das Herzstück eines Stadtlabors.

Du hast das Stadtlabor gegründet und auch in der lokalen Landschaft etabliert – dann gilt es, deine Erfahrungen und das Feedback zu nutzen, um das Konzept weiterzuentwickeln.

Denn Stadtlabore sollten als dynamische Orte verstanden werden, die sich stetig an die Bedürfnisse der Bürger:innen und aktuelle Entwicklungen anpassen.

All deine Kontakte liefern dir dazu wichtige “Datenpunkte” – und in der Praxis stellt(e) sich oft heraus, dass die Ideen aus Tür-und-Angel-Gesprächen erfolgreicher sind als das, was im Backoffice konzeptioniert wurde.

Starten am besten mit kleinen, experimentellen Programmen und baue auf bewährten Formaten auf. Wenn bestimmte Veranstaltungen besonders gut ankommen, biete sie häufiger an – oder wandle sie für andere Zielgruppen ab. Ein “digitaler Elternabend” kann beispielsweise auch für Kindergarten-Eltern spannend sein – und mit den Kindergärten tust du dir ganz neue Verteiler für deine Kommunikation auf.

Optimiere gerne auch weniger erfolgreiche Angebote anhand von Feedback oder ersetzen Sie sie durch neue Ideen.

Erhebe am besten regelmäßig Feedback von Teilnehmer:innen, um Stärken und Verbesserungsmöglichkeiten zu identifizieren. Diese Erkenntnisse helfen, Programme gezielt weiterzuentwickeln und an die Bedürfnisse Ihrer Zielgruppen anzupassen.

Ein wichtiger Tipp: Flexibilität und Lernbereitschaft sind essenziell, damit das Stadtlabor lebendig und ansprechend bleibt. Lassen Sie Raum für Experimente und bleiben Sie offen für neue Ideen.

→ Insider-Tipp aus den Projekten:
Setze auf eine klare Positionierung, langfristige Partner und eine pragmatische Budgetplanung. Diese Grundlagen helfen, das Stadtlabor stabil und nachhaltig aufzubauen. Regelmäßiges Feedback sorgt für den Feinschliff bei der Ausrichtung.

Ein Stadtlabor zu gründen ist eine lohnende, aber anspruchsvolle Aufgabe. Mit einer klaren Zielgruppenorientierung, sorgfältiger Budgetplanung und einer kontinuierlichen Anpassungsfähigkeit kannst du einen offenen, innovativen Raum schaffen, der für Bürger:innen, Verwaltung und Partner:innen wertvolle Impulse bietet.

Bedenke aber stets: Ein Stadtlabor ist kein Selbstzweck oder ein Prestige-Projekt. Es soll einen echten Mehrwert für die Stadtgesellschaft bieten. Orientiere dich an den Bedürfnissen der Bürger:innen und bleibe flexibel in der Umsetzung.Mit den richtigen Partnern, einer klaren Vision und dem Mut zur Innovation kann dein Stadtlabor zu einem Ort werden, an dem die Zukunft deiner Stadt ein kleines Stück mitgestaltet wird.