Stadterlebnisse via Augmented Reality Apps – Wie man sie plant. Und wie besser nicht.
Die Digitalisierung verändert nicht nur unseren Alltag, sondern auch die Art, wie wir Städte erleben. Augmented Reality (AR) eröffnet dabei völlig neue Perspektiven für das Stadterleben – vorausgesetzt, man plant…

von Tim Allgaier

28. April 2025

Die Digitalisierung verändert nicht nur unseren Alltag, sondern auch die Art, wie wir Städte erleben. Augmented Reality (AR) eröffnet dabei völlig neue Perspektiven für das Stadterleben – vorausgesetzt, man plant klug und vermeidet kostspielige Prestigeprojekte ohne echten Mehrwert.

Städte stehen vor vielfältigen Herausforderungen: Innenstädte verlieren an Attraktivität, historische Gebäude sind oft nicht zu Nicht-Arbeitszeiten zugänglich oder existieren nur noch in der Erinnerung.

AR-Technologie kann hier Brücken bauen und neue Erlebnisräume schaffen. Durch die Verschmelzung von realer und virtueller Welt entstehen völlig neue Möglichkeiten der Stadtentwicklung und Kulturvermittlung. Besonders wertvoll ist dabei die Fähigkeit, Geschichte erlebbar zu machen und Barrieren abzubauen.

Die Vorteile auf einen Blick

  • Historische Rekonstruktionen machen verschwundene Bauwerke wieder sichtbar
  • Barrierefreier Zugang zu Stadtgeschichte – auch von Zuhause aus möglich
  • Innovative Wege der Wissensvermittlung, besonders attraktiv für jüngere Zielgruppen
  • Belebung der Innenstädte durch interaktive Elemente

In Menden steht der Bär auf dem Tisch des Stadtlabores…aber nur virtuell

Historische Rekonstruktionen: Eine abgebrannte Synagoge kann virtuell wieder sichtbar gemacht werden.

Interaktive Touren: Nutzer:innen können mit ihrem Smartphone Objekte scannen, um Zusatzinformationen zu Gebäuden oder Denkmälern zu erhalten.

Gamification: Spielerische Elemente wie digitale Schatzsuchen oder Rätsel fördern die Nutzerbindung.

1. Zielgruppen und Bedürfnisse klären

Die wichtigste Frage vorab: Wer soll die App nutzen und warum? Ist die Zielgruppe eher touristisch geprägt, oder geht es darum, Bürger:innen historische Kontexte nahezubringen? Workshops oder Umfragen helfen, den Bedarf genau zu verstehen.

2. Konzeptphase: Was macht die App einzigartig?

Eine erfolgreiche AR-App muss mehr bieten als eine Broschüre oder Website. Folgende Fragen helfen bei der Ausarbeitung:

• Welche Inhalte könnten nur durch AR erlebbar werden?

• Wie lässt sich das Erlebnis sowohl vor Ort als auch von zu Hause aus gestalten?

• Welche Barrieren gibt es, und wie können diese überwunden werden (z. B. Barrierefreiheit)?

3. Partner und Expertise einbinden

AR-Apps erfordern technisches Know-how und kreative Inhalte. Lokale Partner wie Tourismusbüros, Geschichtsvereine oder Schulen können nicht nur Inhalte liefern, sondern auch als Multiplikatoren fungieren. Public-Private-Partnerships mit Agenturen, die Erfahrung im öffentlichen Sektor haben, sind ebenfalls ein Erfolgsfaktor.

Eine AR-App kann schnell zwischen 50.000 und 100.000 Euro kosten. Umso wichtiger ist es, von Anfang an strategisch vorzugehen und den echten Mehrwert im Blick zu behalten. Die Investition muss sich durch einen klaren Nutzen rechtfertigen lassen, der über das hinausgeht, was klassische Medien leisten können. Dabei spielen nicht nur technische Aspekte eine Rolle, sondern vor allem die Frage, wie die AR-Technologie das Stadterleben tatsächlich bereichern kann.

1. Grundlegende Planung

Der erste Schritt ist eine sorgfältige Bedarfsanalyse. Dabei gilt es, die Bedürfnisse aller Stakeholder zu verstehen und in ein schlüssiges Konzept zu überführen. Die zentrale Frage lautet: Welchen konkreten Mehrwert kann AR in unserem spezifischen Kontext bieten? Die Antwort darauf bestimmt maßgeblich den Erfolg des Projekts.

  • Welche Zielgruppen sollen erreicht werden?
  • Welche Funktionen sind wirklich nützlich und nicht durch andere Medien ersetzbar?
  • Wie kann die App das Vor-Ort-Erlebnis tatsächlich bereichern?

2. Partnerschaften und Expertise

Erfolgreiche AR-Projekte leben von starken Partnerschaften. Die Komplexität solcher Vorhaben erfordert ein gut aufeinander abgestimmtes Netzwerk von Experten und Stakeholdern. Besonders wichtig ist dabei die frühe Einbindung aller relevanten Akteure, um spätere Konflikte zu vermeiden und Synergien optimal zu nutzen. Die Erfahrung zeigt, dass vor allem kleinere, spezialisierte Agenturen mit direktem Bezug zum öffentlichen Sektor hier erfolgreich sind.

Was sich in Südwestfalen als nützlich erwiesen hat:

  • Lokale Partner wie Tourismusbüros und Geschichtsvereine als Contentlieferanten
  • Frühzeitige Einbindung aller relevanten Verwaltungsabteilungen

3. Content-Entwicklung

Die Content-Produktion ist oft der unterschätzte Meilenstein im Projektverlauf. Hier entscheidet sich, ob aus technischen Möglichkeiten tatsächlich fesselnde Erlebnisse werden. Die Aufbereitung historischer Inhalte, die Entwicklung interaktiver Elemente und die technische Umsetzung müssen Hand in Hand gehen. Dabei ist eine enge Abstimmung zwischen Historikern, Designern und Entwicklern unerlässlich.

Zeitaufwändige Arbeitsschritte, die man gerne unterschätzt:

  • Historische Recherche und Aufbereitung
  • 3D-Modellierung historischer Gebäude
  • Entwicklung interaktiver Elemente
  • Qualitätssicherung durch Experten

Die häufigsten Fehler bei AR-Projekten entstehen durch mangelnde Planung und unrealistische Erwartungen. Besonders kritisch ist die Unterschätzung des laufenden Betriebs und der notwendigen Ressourcen für die kontinuierliche Pflege und Weiterentwicklung der App. Eine sorgfältige Planung dieser Aspekte ist entscheidend für den nachhaltigen Erfolg des Projekts.

→ Best Practice Erfahrung aus Südwestfalen: Diese Stolperfallen können warten

  • Unterschätzung der Content-Produktion und deren Aufwand
  • Zu wenig Testing vor dem Launch
  • Fehlende Ressourcen für den laufenden Betrieb
  • Konkurrenzkämpfe zwischen Abteilungen und Dienstleistern

1. Fehlinvestitionen durch unklare Ziele

Ohne klare Zielsetzung kann eine AR-App schnell zu einem teuren Spielzeug werden. Der Fokus sollte immer auf dem Mehrwert für die Nutzer:innen liegen.

2. Mangelnde Testphasen

Eine App muss vor der Veröffentlichung intensiv getestet werden – sowohl technisch als auch inhaltlich. Peer-Reviews und Feedback aus der Zielgruppe sind Gold wert, um Schwachstellen frühzeitig zu erkennen.

3. Unrealistisches Budget

Die Entwicklung einer AR-App kostet in der Regel zwischen 50.000 und 100.000 €. Zusätzlich müssen Betriebskosten für Updates und Wartung eingeplant werden. Ein häufig unterschätzter Punkt: der Aufwand für die Erstellung und Pflege der Inhalte.

4. Konkurrenzdenken statt Kooperation

Eine AR-App sollte nicht als Alleingang betrachtet werden. Stattdessen lohnt es sich, bestehende Netzwerke und Initiativen einzubinden – vom Stadtmarketing bis hin zu lokalen Unternehmen.

1. Klare Zielsetzung

Der Erfolg eines AR-Projekts lässt sich nur messen, wenn von Anfang an klare Ziele definiert wurden. Diese sollten sowohl quantitative als auch qualitative Aspekte umfassen. Wichtig ist dabei, dass die Ziele realistisch und mit den verfügbaren Ressourcen erreichbar sind. Regelmäßige Evaluationen helfen, den Fortschritt zu überwachen und bei Bedarf nachzusteuern.

Am besten immer bedenken:

  • Nutzerzahlen und Engagement-Raten
  • Qualitative Feedback-Mechanismen
  • Konkrete Mehrwerte für verschiedene Zielgruppen

2. Agiles Projektmanagement

Die Entwicklung einer AR-App profitiert enorm von einem agilen Ansatz. Durch kurze Entwicklungszyklen und regelmäßiges Feedback können Probleme früh erkannt und behoben werden. Dies reduziert nicht nur das Projektrisiko, sondern ermöglicht auch eine bessere Anpassung an die Bedürfnisse der Nutzer. Die frühe Einbindung von Testnutzern ist dabei von unschätzbarem Wert.

Vorteile von agilem Vorgehen:

  • Frühe Prototypen mit Kernfunktionen
  • Regelmäßige Nutzertests
  • Iterative Verbesserungen

3. Nachhaltiger Betrieb

Ein oft unterschätzter Aspekt ist der laufende Betrieb nach dem Launch. Eine AR-App ist kein statisches Produkt, sondern erfordert kontinuierliche Pflege und Weiterentwicklung. Dies betrifft sowohl technische Updates als auch die regelmäßige Aktualisierung der Inhalte. Eine realistische Planung der notwendigen Ressourcen ist hier unerlässlich.

  • Wöchentlicher Wartungsaufwand (ca. 0,5 Tage)
  • Regelmäßige Updates und Content-Erweiterungen
  • Budget für technische Anpassungen

AR-Apps können das Stadterleben nachhaltig bereichern – wenn sie durchdacht geplant und umgesetzt werden. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der klaren Fokussierung auf echte Mehrwerte, einer realistischen Ressourcenplanung und der konsequenten Einbindung aller relevanten Akteure. Nur so werden aus technischen Möglichkeiten echte Bereicherungen für Bürger und Besucher.

Besonders wichtig ist dabei die Frage nach dem „Warum“: Eine AR-App sollte nur dort zum Einsatz kommen, wo sie einen echten Mehrwert gegenüber klassischen Medien bietet. Die Rechenleistung moderner Smartphones ermöglicht beeindruckende virtuelle Erlebnisse – diese Möglichkeiten gilt es gezielt und durchdacht zu nutzen. Der Erfolg misst sich dabei nicht an technischen Spielereien, sondern an der tatsächlichen Bereicherung des Stadterlebens für alle Beteiligten.

DOs & Donts

  • Klare Zielsetzung und Zielgruppendefinition vor Projektbeginn festlegen
  • Frühzeitig alle relevanten Stakeholder und Partner einbinden
  • Agiles Projektmanagement mit regelmäßigen Feedback-Schleifen nutzen
  • Ausführliche Testphasen mit Nutzergruppen durchführen
  • Realistische Budget- und Ressourcenplanung (inkl. Wartungskosten) erstellen
  • Lokale Partner wie Tourismusbüros und Geschichtsvereine einbinden
  • Echten Mehrwert gegenüber klassischen Medien schaffen
  • Kontinuierliche Pflege und Updates einplanen (ca. 0,5 Tage pro Woche)
  • Kleinere, spezialisierte Agenturen mit Erfahrung im öffentlichen Sektor beauftragen
  • Content-Produktion und deren Aufwand unterschätzen
  • Technische Spielereien ohne echten Nutzen implementieren
  • Projekt als reines Prestigeobjekt behandeln
  • Testing und Qualitätssicherung vernachlässigen
  • Konkurrenzkämpfe zwischen Abteilungen und Dienstleistern zulassen
  • Laufende Betriebskosten unterschätzen oder ignorieren
  • Funktionen entwickeln, die auch durch eine Website abgedeckt werden könnten
  • Zu viele Abhängigkeiten von Dritten schaffen
  • Unrealistische Erwartungen an Budget und Zeitplan stellen (50.000-100.000€ sind realistisch)